Agiles Arbeiten: Die Rolle des Moderators
Meetings rauben Zeit und werden oftmals als chaotisch und ineffektiv betrachtet. Grund dafür ist ein fehlender oder falsch verstandener Moderator. Wie der Moderator Struktur in Meetings bringt, stellen wir im Neo Tech Blog vor.
Meeting ohne Agenda und Moderator = Ineffizient
Meetings sind oftmals chaotisch. Von Außen wirkt es immer noch sehr diszipliniert und ordentlich. Alle sitzen und lauschen gespannt dem Einen, der etwas sagt. Da aber auf eine Einladung mit Agenda verzichtet wurde, fand keine Vorbereitung statt. Es gibt keinen konstruktiven Austausch sondern man wird erstmalig mit einer Idee konfrontiert. Der Organisator hält einen Monolog und möchte möglichst sofort Zustimmung und Feedback einholen. Aktuell befinden sich alleine für diese Woche in meinem Kalender mehrere Meetings ohne Agenda und teilweise habe ich als Überschrift nur ein Wort, meine Vorbereitung sieht also erst einmal so aus, dass ich den Organisator frage, um was es dabei eigentlich überhaupt gehen soll.
Der Moderator ist neutral
Oftmals übernimmt auch der Organisator die Rolle des Moderators. Dabei verfolgt er natürlich sein eigenes Ziel und seine Meinung bekommt dadurch ein überproportionales Gewicht. Wenn es aber darum geht eine Idee von verschiedenen Seiten zu betrachten und Feedback einzuholen ist es wichtig, dass der Moderator eine neutrale Position einnimmt und seinen Dienst dem bestmöglichem Ergebnis ohne Vorurteile zuordnet. Wenn in einer Retrospektive der Scrum Master seine eigenen Eindrücke schildert nimmt er dem Team Raum für Kreativität. Stellt diese beispielsweise seine Methoden vor und nennt dabei mehrere Beispiele, die ein mögliches Ergebnis sein könnte, die zudem nicht abstrakt, sondern konkret auf den letzten Sprint bezogen sind, bleibt wenig Raum für eigene Vorstellungen. Demzufolge entstanden keine nennenswerte Beiträge mehr vom Team. Und auch sonst tat sich das Team schwer Veränderungen vorzuschlagen. Durch die Beispiele waren schon viele Themen gesetzt und die eigenen Probleme kamen den Teilnehmern eventuell nun auch etwas unbedeutend vor. Jegliche Kreativität oder Selbstreflexion war erstickt und damit auch der Mehrwert einer Retrospektive. Die Todos aus der Retro wirkten oktroyiert und fühlten sich unwirklich an. Daher wurden sie im nächsten Sprint auch nur halbherzig befolgt.
Der Moderator steuert den Prozess, nicht den Inhalt
Die nächste Retro lief deutlich anders, der Scrum Master hielt sich bewusst zurück und ließ viel mehr Spielraum. Er steuerte das Team, aber nicht bei den Themen, sondern bei den Gedankengängen, er motivierte die Teilnehmer Lösungen zu finden und Selbstreflexion zu betreiben. Es machte begeistert mit, fand eigene Lösungsansätze für die vorher selbst aufgedeckten Problemfelder und konnte sie viel besser im nächsten Sprint angehen.
Der Moderator ist mehr als jemand, der darauf achtet, dass jeder seinen Redeanteil bekommt. Man stelle sich Anne Will als bloße Redezeitzuteilerin vor, die Sendung wäre längst nicht so interessant. Ein Moderator interviewt und hinterfragt die Aussagen. Bei einem Workshop geht es nicht darum, jemanden bloßzustellen, sondern um Gedanken anzuregen und alle Beteiligten dazu zu bringen, Sachen zu Ende zu denken. Dabei tritt ein Moderator oftmals fragend auf und bedient sich aus einem großen Methodenkoffer. Der Moderator deeskaliert nicht nur extreme Situationen, sondern schafft eine angenehme Arbeitsatmosphäre und das schon im Vorfeld.
Im Zuge der Agilität und der agilen Führung hat sich auch der Moderator weiterentwickelt. Der Moderator 2.0 nimmt sich selbst zurück und stellt den Beteiligten eine Plattform zur Verfügung, auf der sie agieren können. Er vertraut dem Prozess. Er achtet auf ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Einzelinteressen, den Workshop-Zielen, dem Gruppenklima und den Rahmenbedingungen. Er bringt eine strukturierte aber gleichzeitig auch flexible Vorgehensweise mit, die iterativ dem Prozess angepasst wird. Durch den gezielten Einsatz von Methoden schafft er es, dass die Teilnehmer unterschiedliche Perspektiven einnehmen und weiterdenken. Aussagen, Ergebnisse und Diskussionen unterstützt er durch Visualisierungen. Er geht dabei versiert vor und hat die Effizienz im Auge. Im Gegensatz zur Effektivität geht es bei der Effizienz darum, dass Ziel zu erreichen und dafür nutzt er Methoden, wie beispielsweise Rollenspiele.
Der Moderator ist methodisch
Wenn der Product Owner des neuen Apothekenshops einen weißen Kittel und eine Brille aufsetzt, wird ihm das helfen, in die Rolle des Apothekers zu schlüpfen. Man fühlt sich in die Rolle rein und denkt plötzlich anders. Die Perspektive wird gewechselt die Sinne und Ansprüche verändert. Um sich besser in die Rolle eines Kunden reinzuversetzen, setzt er danach eine dickglasige Brille mit falscher Dioptrienzahl auf, so wird er die Ansprüche eines kurzsichtigen Kunden schneller begreifen.
Fazit: Mehr Effektivität durch gute Moderatoren
Meetings und Workshops werden effektiver mit einer guten Moderation. Und wenn man die Aufgabe des Moderators ernst nimmt, hat man auch gar keine Zeit sich selbst auf der inhaltlichen Spur einzubringen. Daher ist immer ein externer Moderator anzuraten. Dabei muss extern nicht zwangsläufig der teure Consultant einer renommierten Berateragentur sein. Frag einfach mal den Scrum Master des Nachbarteams ob er die Moderation übernimmt.
Veröffentlicht am 06. Februar 2020, aktualisiert am 20. Oktober 2020
Bildquelle: unsplash, Jason Goodman