Digitale Kommunikation
In Zeiten von Social Media und mobilem Web hat sich das Nutzerverhalten deutlich gewandelt und damit auch die Anforderungen an die moderne Kommunikation. In unserem Interview geben Anja Unterberger-Schneck und Sinan Arslan von der Berliner Digitalagentur Neofonie Einblick in die Herausforderungen digitaler Kommunikation.
Was verstehst du unter digitaler Kommunikation?
Arslan: Aus meiner Sicht ist die digitale Kommunikation das Gegenstück zur analogen Kommunikation. Websites, Newsletter, Blogseiten und Social Media Kanäle zählen gleichermaßen dazu wie mobile Apps, Near-Field-Communication (NFC) und Bluetooth. Die moderne digitale Kommunikation nutzt diese Technologien und Medien, um Inhalte und Botschaften zu transportieren und mit der Zielgruppe in Austausch treten. Wir bei Neofonie erreichen mit der digitalen Kommunikation mehr potenzielle Kunden und können aufgrund der einfachen Messbarkeit der Maßnahmen und der Interaktionsmöglichkeiten mit den Usern unsere Kommunikation laufend optimieren.
Welche Rolle spielen mobile Technologien bei der mobilen Kommunikation?
Arslan: Mit dem zunehmend mobilen Leseverhalten haben sich auch die Kommunikationsgewohnheiten und das Rezeptionsverhalten der Nutzer gewandelt. Mobile Nutzer rufen zum großen Teil Nachrichten und soziale Netzwerke auf. Kommunikationsmedien werden variantenreicher. Nachrichten werden in kürzeren Abständen und in kompakterer Form konsumiert. Laut der von Google im Mai 2015 veröffentlichten Zahlen zum Suchverhalten der Nutzer wurden mehr Suchabfragen über mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets als über Desktops gestartet. Diesem Umstand trägt Google innerhalb ihres Suchalgorithmus Rechnung, indem mobile Webseiten besser gerankt werden. Insofern müssen Unternehmen sicherstellen, dass Websites „mobile friendly” sind und mit passendem Content bedient werden. Insbesondere für Nachrichtenportale, Communities und Local Based Services ist eine „mobile first”-Strategie sinnvoll – technologisch als auch redaktionell.
Welche Vorteile hat digitale Kommunikation?
Arslan: Aufgrund der digitalen Vernetzung gibt es keine zeitlichen und räumlichen Grenzen bei der digitalen Kommunikation. Diese kann rund um die Uhr stattfinden. Mails und Textnachrichten können beliebig verschickt und empfangen werden. Es tritt eine gewisse Unmittelbarkeit ein. Diese zeigt sich in Form von Videokonferenzen oder Chats, wo man seinem gegenüber via eines Bildschirms gegenübertritt. Dies ermöglicht wiederum eine neue Art der Zusammenarbeit; man ist nicht mehr an einen Ort gebunden, sondern kann überall dort arbeiten, wo man Internet empfangen kann.
Wie veränderte die Covid-Pandemie die digitale Kommunikation?
Unterberger-Schneck: Die durch die Covid-19-Krise beschleunigte Digitalisierung wirkte auf alle Prozesse ein. Gerade in der Arbeitswelt ist die digitale Kommunikation beispielsweise mit der Remote Arbeit ein wesentlicher Bestandteil geworden und ist großflächig auch nach der Krise weiterhin bestanden geblieben. Das erhoffte Ziel, eine effektive Kommunikation auch über Distanzen mit dislokalen Teams zu ermöglichen, konnte nur über digitale Kommunikation erreicht werden.
Welche Nachteile hat digitale Kommunikation?
Arslan: Bei digitaler Kommunikation läuft man stets Gefahr, dass das Gegenüber den Inhalt der Nachricht nicht richtig deuten kann und man nur auf Nachfrage entsprechend seinen Inhalt verdeutlichen kann. Es Bedarf somit einer steten Interpretationsleistung gegenüber der verfassten Nachricht, wo in der analogen Kommunikation man sofort auf Missverständnisse auf Basis der Reaktionen seines Gegenübers eingehen kann, auch schwindet die persönliche Ebene.
Welche Bedeutung hat digitale Kommunikation für Unternehmen?
Unterberger-Schneck: Digitale Kommunikation findet nicht nur im privaten sondern gerade auch im Business-Kontext statt. Unternehmen kommunizieren hierbei intern sowie extern. Digitale Kommunikation im B2B-Kontext ist immer ein gekonnter Dialog mit Kunden und Nutzern. Die Erwartungen an Kommunikation sind stets die gleichen. Kunden und Nutzer wünschen sich eine gute Erreichbarkeit von Unternehmen. Unternehmen sollten somit zuallererst digital stattfinden. Das bedeutet – für Unternehmen ist es ein Muss, über eine benutzerfreundliche Website zu verfügen und auch über diverse Kanäle kommunizieren zu können. Digitale Kommunikation im Business-Kontext beginnt also für Unternehmen mit einem guten Web-Konzept und dessen Umsetzung. Ziel ist es, mit allen Mitteln eine begeisternde Web-Experience zu kreieren.
Wie wichtig ist Content Marketing für dich?
Arslan: Content Marketing ist in aller Munde, ist aber nichts Neues. Stories wollen erzählt werden. Das tut gute Public Relations (PR). Neu ist allerdings, dass das Content Marketing die sachlich, informierende PR mit subjektivem, emotionalem Marketing integriert und so bestehende oder neue Kunden erreicht und überzeugt – in verschiedenen Formaten (Whitepaper, Webcasts oder Blogbeitrag) und Medien (Social Media Netzwerke, Online Redaktionen oder Blogger). Dabei zählt jede Meldung und jeder Inhalt in die Werte einer Marke und die Suchmaschinenoptimierung (SEO) hinein. Bei Neofonie haben wir bereits Anfang 2013 eine Content Marketing-Strategie erarbeitet und optimieren diese kontinuierlich.
Was hat Content Marketing mit SEO zu tun?
Arslan: Ob Fachartikel, Webinare oder Whitepaper: je zielgruppenrelevanter der Inhalt, desto besser sind Blogs, Social Media Netzwerke und Suchmaschinen geeignet, um Sichtbarkeit und Reichweite zu schaffen. Die Logik dahinter ist einfach: mit der Relevanz und Attraktivität des Contents steigt die Zahl der Verlinkungen darauf. Social Media Posts, die von Nutzern aufgegriffen, kommentiert und weiter geteilt werden, tragen ihr Übriges bei, die Reichweite und Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Sowohl die Verlinkungen als auch die Social Media Aktivitäten zahlen wiederum auf das Google Ranking ein. Content Marketing bedeutet immer relevante Inhalte wollen geliefert werden.
Sind Blogger die neuen Journalisten?
Arslan: Am Qualitätsjournalismus führt kein Weg vorbei. Aber: laut Wikipedia gibt es in Deutschland mehr als 300.000 aktive Blogger, die Ihr Wissen und Ihre Interessen auf Blogs in Form von Text, Audio (Podcasts) oder Video festhalten und publizieren. Das sind rund 6 mal mehr Blogger als Journalisten in Deutschland.
Angenommen, dass nur 10% der Blogger beruflich motiviert sind, so ist das immer noch eine unumgänglich große Zielgruppe für die Kommunikationsarbeit im digitalen Zeitalter. Zumal Journalisten selber Blogs als Recherchequelle nutzen und vermehrt daraus zitieren.
Daraus ergeben sich Herausforderungen und Chancen für die digitale Kommunikation: Das Identifizieren der relevanten Blogseiten, der Aufbau und die Pflege von Bloggerbeziehungen oder der Aufbau eigener Corporate Blogs. Blog-Lösungen, wie beispielsweise WordPress oder Social Media Netzwerke, wie Twitter, Facebook und Google+ oder Social Media Tools wie Hootsuite, bieten eine erste technische Infrastruktur, um in die Blogosphäre einzutreten. Über allem steht ein Blog-Konzept, das als Baustein der digitalen Kommunikation und damit der Online-Marketing Strategie zu verstehen ist.
Wo muss sich das Marketing in Zukunft hinbewegen?
Arslan: Marketing und Kommunikation befinden sich im massiven Wandel – sowohl seitens der unternehmensinternen Abteilungen als auch seitens der externen Dienstleister. Vor allem im Bereich der B2B-Kommunikation wachsen Markensteuerung, klassische Werbung, Vertrieb, PR, SEO und Online-Kommunikation mehr und mehr zusammen. Die Technologien und Medien werden zunehmend leistungsfähiger und vielfältiger. Gleichzeitig steigt der Anspruch an die Personalisierung, Echtzeitverfügbarkeit, geräteunabhängige Kompatibilität der Inhalte und User Experience. Insgesamt müssen die Marketing- und Kommunikationsabteilungen eine größere technologische Komplexität überblicken und bedienen.
Digitale Lösungen können dabei helfen Marketingprozesse effizienter zu gestalten und potenzielle Kunden besser zu verstehen und optimal zu bedienen. Die semantische Textanalyse beispielsweise, kann helfen, die immensen Datenschätze, die in Unternehmen schlummern, z. B. in Texten in Form von Artikeln, Dokumenten, E-Mails, Websites, Befragungen, Studien oder Social Media Kanälen, zu nutzen.
Veröffentlichung am 15. September 2015, aktualisiert am 09. Februar 2022