Storytelling: Wenn aus E-Commerce Emotional-Commerce wird

Was dem Online-Handel im Vergleich zum stationären fehlt ist die Emotionalisierung. Es ist Zeit für das Storytelling im E-Commerce. Juliane Kersting von Shopware beschreibt wie mithilfe von Storytelling aus E-Commerce Emotional-Commerce wird.

Ohne Zweifel, der stationäre Handel hat im Vergleich zum Onlinehandel enorme Vorteile: Besucher eines Ladengeschäftes können durch zahlreiche Sinnesreize beeinflusst werden. Von der haptischen Wahrnehmung, über Gerüche bis hin zu kleinen Köstlichkeiten geschieht dies, je nach Produkt, auf vielfältige Weise. Hierzu muss sich jeder nur einmal den letzten Besuch im Möbelhaus bewusst vor Augen führen. Eine Musterküche beispielsweise wird nicht nur einfach aufgestellt. Stattdessen überzeugt sie in toller Atmosphäre, in einem schönen Licht und ist mit stilvollen Dekoartikeln ausgestattet. Der Besucher kann Auszüge, Arbeitsflächen etc. anfassen, testen und sich von der Qualität überzeugen.

Mit Storytelling den Shopbesucher in eine Bilderwelt eintauchen lassen

Trotz vieler Vorzüge, wie der 24-stündigen Erreichbarkeit, einem (oft kostenlosen) Lieferservice und dem nahezu unbegrenzten Angebot, ist es im Onlinehandel nicht möglich, all diese Sinne anzusprechen. Um als Onlinehändler aber dennoch diesen Nachteil zu kompensieren, sollte der Fokus auf dem Visuellen liegen. Um seine Besucher von der ersten Minute an zu begeistern, zu inspirieren und mitzunehmen auf eine emotionale Reise durch den Onlineshop, ist es sinnvoll auf Storytelling zu setzen. Besucher sollten nicht mit simpel aufgelisteten Produkten und gleichförmig gestalteten Onlineshops konfrontiert und gelangweilt werden. Stattdessen ist es ratsam, Geschichten zu erzählen, die das Interesse fördern.

Schon im Kindesalter haben uns Geschichten fasziniert. Sie erzeugen Bilder, Gedanken, Assoziationen und lösen Emotionen aus. Genau diese Emotionen sind für den Handel so bedeutend. Denn Kaufentscheidungen werden in der Regel im Unterbewusstsein, gesteuert durch Emotionen, getroffen. Das „Limbische System“, eine neuronale Funktionseinheit im menschlichen Gehirn, ist für die Entstehung und Verarbeitung von Emotionen zuständig. Mit einer Aktivierung des limbischen Systems durch äußere Reize, können bekannte Muster im Gehirn aktiviert, Bedürfnisse geweckt und Kaufentscheidungen dadurch maßgeblich beeinflusst werden.

How-to: So funktioniert Emotional-Commerce

Schon auf der Startseite eines Onlineshops sollten die Besucher mit ganzflächigen Bannern, die für das jeweilige Endgerät optimiert sind, empfangen werden. Denn in den meisten Fällen entscheiden die ersten Sekunden darüber, ob ein Besucher sich angesprochen fühlt und sich damit weiter durch den Onlineshop klickt, oder die Seite verlässt. Aussagekräftige und qualitativ hochwertige Fotos können verschiedene Einkaufswelten anteasern oder Informationen zum Unternehmen und dessen Werte transportieren. Auf diese Weise kann also auch die Marke stärker positioniert werden. In den einzelnen Storytelling-Einkaufswelten wird der Kunde abschnittsweise mit auf eine Reise durch die Produktwelt genommen. Stimmungsvolle Bilder und Videos inspirieren den Besucher und erwecken Emotionen. Hat ein Onlinehändler beispielsweise Lebensmittel in seinem Sortiment, kann er dessen vielfältigen Einsatz auf diese Weise unter Beweis stellen.

So stellte beispielsweise die Berliner Agentur Neofonie bei der Umsetzung des neuen Werbauftritts von Rausch Schokoladen auf Basis von Shopware 5 die Produktwelt des Edelkakaos in den Vordergrund. Über zahlreiche Videos kann der Besucher in den gesamten Herstellungsprozess der Pralinées eintauchen. Er kann schauen, wie der Edelkakao auf den Plantagen angebaut wird und wie er in der Rausch-Manufaktur weiterverarbeitet wird. Über einen besonders anschaulichen Produktkonfigurator können schließlich Kreationen ausgewählt und bestellt werden. Der Shopbesucher bekommt das Gefühl als sei er beim Entstehungsprozess der Schokoladenkreation anwesend gewesen und hat nun natürlich Lust bekommen, diese auch zu kosten.

Onlinehändler müssen sich vor Augen halten, dass die Kundenentscheidung heute über das emotionale Produkterlebnis gefällt wird. Bei der unendlich großen Angebotsfülle in den meisten Marktsegmenten und zahlreichen Produktalternativen, entscheidet der Verbraucher nicht mehr auf der Grundlage rationaler Produktargumente. Die Digitalisierung verändert nicht mehr nur die Art und Weise, wie wir uns über ein Produkt informieren oder dieses einkaufen, sondern auch wie wir die Kaufentscheidung fällen. Kunden möchten unterhalten werden und in Erlebniswelten eintauchen, standarisierte Onlineshops werden in Zukunft nicht mehr überzeugen, denn diese sprechen nicht die Gefühlswelt der User an.  Für die beste User Experience in der Kategorie Digital Commerce wurde Neofonie als einzige Agentur bundesweit mit dem Deutschen Digital Award 2016 ausgezeichnet.

Geschichten bilden den Rahmen für Produktdarstellung

Mit verschiedenen Side-View- und Quick-View-Elementen lassen sich thematisch passende Produkte noch innerhalb der Storytelling-Einkaufswelt einbinden. Damit erhalten Besucher erste Informationen über die Produkte, können diese auf ihrem Wunschzettel vermerken und ihre Erlebnisreise fortsetzen. Auch Cross-Selling-Produkte können hierüber optimal eingebunden werden. Hat der Besucher seinen virtuellen Einkaufskorb mit einem Produkt gefüllt, kann ein weiteres dazu passendes Produkt vorgeschlagen werden. Jederzeit kann der Besucher natürlich in seinen Wunschzettel springen, sich detaillierter über die Produkte informieren und den Kaufprozess starten.

Mit ein bisschen Fantasie lassen sich so branchenübergreifend Produkte, dessen Entstehung oder eben auch die Markenwerte ideal in Szene setzen bzw. transportieren. Wichtig ist es bei der Umsetzung, die anvisierte Zielgruppe im Auge zu behalten und zu hinterfragen, welche Interessen der Shopbesucher hat und welche Inhalte diesen bewegen. Der Onlineshopper sollte außerdem interaktiv eingebunden werden und über stimmungsvolle Bilder und Videos vollkommen in die Shopwelt abtauchen können. Dazu gehört natürlich auch, bei der Umsetzung auf Full Responsive zu setzen, denn bereits über die Hälfte aller Inhalte werden über mobile Endgeräte aufgerufen.

Die langfristige Vision bei der Umsetzung eines Shops sollte außerdem nicht nur sein, den Kunden zum Kauf zu animieren, sondern diesen auch zu inspirieren und Mehrwerte zu liefern, die dafür sorgen, dass dieser immer wieder in die digitale Shopwelt eintauchen möchte. Auch persönliche Betreuung und das Eingehen auf individuelle Wünsche gewinnt zunehmend an Bedeutung und kann über das Einbinden einer Live-Chat-Anwendung realisiert werden.

Klasse statt Masse – Die positiven Effekte für Onlinehändler

Durch das Auslösen von Emotionen beim Shopbesucher wird die Kaufentscheidung positiv beeinflusst. Besucher werden durch das Stöbern, das Scrollen und Sliden durch die Einkaufswelten, das Anklicken von Videos oder das Aufklappen von Side- und Quick-View-Elementen interaktiv mit eingebunden. Dies hat zur Folge, dass der Onlineshop länger beim Besucher in Erinnerung bleibt. Onlinehändlern gelingt es auf diese Weise, sich mit individuellen Inhalten von Mitbewerben abzuheben, den Erfolg zu stärken und aus Besuchern Stammkunden zu generieren.

 

Veröffentlicht am 04. Mai 2016, aktualisiert am 16. Oktober 2020

Bildquelle: unplash, Mike Erskine